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Eine kurze Geschichte der Alchemie

 

Die Ursprünge der Alchemie liegen im Dunkel der Geschichte, und es herrscht kein Mangel an Theorien darüber, woher sie stammen könnte.

  

So durchdringen Mysterien und Magie das alte Ägypten, wo einst eine mächtige Priesterschaft großen Einfluss auf den Alltag hatte. Für uns sind jene Priester von Interesse, die mit Materialien auf eine Weise arbeiteten, die wir heute als Chemie bezeichnen würden. Diese Priester entwickelten u.a. Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Metallurgie, Keramik, Medizin, Mumifizierung und Kelterei.

Aus den wenigen Schriften, die uns erhalten sind, ist ersichtlich, dass viele der Priester ebenso fähige Heiler waren. Die Wissenschaft, welche sie betrieben, hatte stets zwei Seiten – eine mentale/spirituelle und eine physische. Bei der Herstellung einer Medizin wurde z.B. ein Stoff verarbeitet unter gleichzeitiger Verwendung von bestimmten Worten, Zaubersprüchen, Gesängen oder Ritualen. Und bei der Verschreibung dieser erhielt der Patient Anweisungen, einen Zauber oder ein Gebet zu wiederholen.

Diese Wissenschaften entwickelten sich mit der Zeit weiter, und so manche Legende von wundersamen Heiltinkturen, lebensspendenden Tränken und der Nachahmung von Gold und Edelsteinen hat sich bis heute erhalten. Diesbezüglich gehörten auch wertvollen Öle zu den ersten Dingen, die gestohlen wurden, wenn Grabräuber des Altertums die Grabkammer eines Pharaos plünderten.

 

Als Alexander der Große um 300 v.Chr. in Ägypten ankam, verliebte er sich in dessen Kultur. Das war der Beginn der sogenannten graeco-ägyptischen oder ptolemäischen Periode. Die Griechen nannten Ägypten „Khem“ oder „Khemet“ - „Das schwarze Land“. Die Bezeichnung bezog sich auf die dunkle fruchtbare Erde, welche die jährliche Nil-Überflutung hinterließ. Kenntnisse der ägyptischen Wissenschaften gelangten so nach Griechenland, wo sie „Khemia“, „die schwarze Kunst“, genannt wurde und eine lange Reihe griechischer Alchemisten hervorbrachte.

Alexander leitete in Ägypten eine umfassende Bau- und Restaurationskampagne ein, aus der auch die nach ihm benannte Stadt Alexandria hervorging. Die große Bibliothek von Alexandria ist legendär. Schätzungen zufolge umfasste sie fast eine Million Bände von gesammelten Schriften aus der bekannten Welt. Alexandria wurde zum Schmelztiegel von Ideen und Philosophien und es kamen hier die hermetische Philosophie und die Alchemie zusammen.

Bis um 30 v.Chr. hatten die Legionen Roms die Welt überschwemmt und die letzten ägyptischen Ptolemäer gelangten unter römische Herrschaft. Während dieses Aufruhrs fiel ein umfangreicher Teil der großen Bibliothek dem Feuer zum Opfer und ein enormes Wissen ging verloren.

 

Im Jahr 290 befürchtete Kaiser Diokletian, dass die Menge an Goldimitat, das mithilfe der ägyptischen Kunst hergestellt wurde, die römische Wirtschaft durcheinanderbringen könnte. Aus Angst, dass jemand dadurch genügend Reichtum anhäufen könnte, um eine Armee gegen Rom aufzustellen, erließ Diokletian ein Edikt. Er schrieb die Vernichtung sämtlicher Texte und Materialien vor, welche sich mit der Herstellung von Gold und Edelsteinen befassten. Dieser Befehl wurde mit großer Gründlichkeit ausgeführt.

 

Im Jahr 325 wurde Rom offiziell christlich und 391 stellte Kaiser Theodosius Häresie unter Todesstrafe. Man konnte entweder Christ sein, ins Exil gehen oder getötet werden.

Von denen, die die hermetische Philosophie praktizierten, verließen die meisten das Land und flüchteten gen Osten in die arabischen Länder. Die frühen persischen Kalifen waren Alchemisten gastfreundlicher gestimmt und das Zentrum der Kunst verlagerte sich dorthin. Hier geschah es dann, dass die arabische Vorsilbe „Al“ zum griechischen „Khemia“ hinzugefügt wurde, wodurch wir „Al-Khemia“ erhalten, was später Alchemie werden sollte.

 

Mit den islamischen Invasionen um 800 gelangte die Alchemie nach Westeuropa, hauptsächlich dank der Werke von Ibn Sina, auch bekannt als Avicenna. Er formulierte ein medizinisches System, das jahrhundertelang populär war.

Ein anderer Gelehrter war Abu Musa Jabir Ibn Hayyan. Ibn Sina und Jabir sammelten viele der antiken, ägyptischen und griechischen Werke und übersetzten diese ins Arabische, welche dann in Europa ins Lateinische übertragen wurden.

 

Im Europa des Mittelalters war die Alchemie sehr beliebt. Inzwischen hatten Könige und Herrscher überall von ihren Wundern gehört, insbesondere von der Verwandlung von Blei in Gold. Alchemie als Möglichkeit der Goldherstellung wurde für Arm und Reich zu einer beliebten Beschäftigung. Viele Betrügereien wurden begangen und reichlich Schindluder getrieben. Unzählige Leichtgläubige verloren ihre gesamten Ersparnisse durch manchen Irrglauben.

Aufgrund dessen erwarb die Alchemie einen schlechten Ruf, wurde als Humbug abgetan, und man begann, ihr im Ganzen zu misstrauen. Schließlich erließ um 1310 Papst Johannes XXII ein Dekret, das die Praxis der Alchemie, vor allem die Goldmacherei, untersagte und jene, die mit alchemisch hergestelltem Gold handelten, mit schweren Strafen belegte.

1404 verabschiedete König Heinrich IV von England eine „Verordnung“, die die Goldmacherei zum Verbrechen gegen die Krone erklärte.

 

Ab dem ausgehenden 15. Jhd. bewirkte die Erfindung der Druckerpresse eine größere öffentliche Verfügbarkeit von Wissen. Texte über Alchemie wurden sehr populär und begannen sich zu verbreiten.

 

Paracelsus (Philippus Theophrastus Bombast von Hohenheim, geb. 1493 in der Schweiz) revolutionierte die alchemistische Kunst und gilt als einer der Väter der modernen Chemie und pharmazeutischen Medizin. Er war nicht nur ein respektierter Arzt und Universitätsdozent, er war auch in allen Künsten der hermetischen Philosophie bewandert.

Gegenüber seinen Kollegen betonte er die Wichtigkeit, sich mit Sorgfalt der Alchemie als Quelle für Arzneien zuzuwenden, welche weit über alles hinausginge, was die pharmazeutische Technik seiner Tage hervorbringen könne. Er war ständig im Widerstreit mit seinen medizinischen Standeskollegen und wurde von der Kirche aufgrund seiner Ansichten und Meinungen mit Argwohn betrachtet. Seine Ideen und Schriften blieben nicht unbemerkt. Sie verlagerten den Blickwinkel wieder zurück auf die ursprüngliche Absicht der Alchemie, nämlich Arzneien für Körper und Seele herzustellen, die zu perfekter Gesundheit und Ganzheit führen sollen. Hiermit legte Paracelsus den Grundstein für die Spagyrik.

 

Im Verlauf des 17. Jhds. wurde die Religionsfreiheit größer, was eine Welle des Interesses an alchemistischen Texten entfachte. Diese wurden noch leichter erhältlich und Gelehrte bekannten sich freimütig zu ihrem Dasein als Rosenkreuzer, Adepten oder Alchemisten. Abseits aller praktischen Arbeiten waren es vor allem die spirituellen Aspekte der Alchemie, die viele faszinierten.

Zu der Zeit studierten auch Isaac Newton und Robert Boyle (ein weiterer „Vater der modernen Chemie“) die Alchemie. Newton war hoch motiviert und produzierte bänderweise Abhandlungen. In der Tat betrachtete er sich mehr als Alchemist denn als Arzt oder Mathematiker.

Boyle war ebenfalls fleißig und versuchte, viele alchemistische Konzepte zu klären, welche selbst zu seiner Zeit schon der Verdunkelung zum Opfer gefallen waren. Er war ein gründlicher Experimentator und verstand den Unterschied zwischen philosophischer und unphilosophischer Bearbeitung von Stoffen. In seinem sehr einflussreichen Buch „The Sceptical Chymist“

zog er die Anzahl und Eigenschaften der Elemente in Zweifel und forderte eine besser strukturierte Terminologie.

 

1662 unterzeichnete König Karl II. die erste Charta der Royal Society, und das Studium der Chemie wurde alsbald eine offiziell anerkannte Wissenschaft.

(nach R.A. Bartlett, Lebendige Alchemie, 2009)

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